Verbandstag 2019

Die Zukunftskraft für den Standort Österreich

  • Unter dem Motto „Standort Österreich – Erfolgsfaktor Mittelstand“ ist am 7. Mai der diesjährige Verbandstag des ÖGV über die Bühne gegangen. Genossenschaften leisten einen gewichtigen Beitrag für diesen Standort und sind nicht selten Vorreiter, wie auch Finanzminister Hartwig Löger in seiner Rede unterstrich. Es gehe darum, eine Renaissance des kooperativen Wirtschaftens einzuläuten, erklärte Verbandsanwalt Peter Haubner in seinem Eröffnungsstatement. „Der Wirtschaftsstandort Österreich baut in erheblichem Ausmaß auf den erfolgreichen kleinen und mittelständischen Betrieben auf. Viele davon sind jetzt schon genossenschaftlich verbunden – ob als Mitglieder der Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften oder als Kunden der Volksbanken“, stellte Haubner die Verbindung zum Thema des Verbandstags her. „Kooperation ist also das Gebot der Stunde, weil wir damit die Herausforderungen der Zukunft besser meistern können“, so der Verbandsanwalt, der neben vielen ÖGV-Mitgliedern auch zahlreiche prominente Gäste im Wiener Studio 44 begrüßen durfte: Im Publikum saßen unter anderem ÖVP-Infrastruktursprecher Andreas Ottenschläger, Raiffeisen-Generalanwalt Walter Rothensteiner, Industriellenvereinigung-Generalsekretär Christoph Neumayer oder OeNB-Vizegouverneur Andreas Ittner. Löger: „Genossenschaften mit Startvorteil“ Die Bundesregierung war durch Finanzminister Hartwig Löger vertreten, der in seiner Keynote auf die Eckpfeiler der geplanten Steuerreform einging. Zu Beginn seiner Ausführungen legte der Minister dar, warum er Genossenschaften für hochmodern hält: „Auch hinter den neuen Geschäftsmodellen der digitalen Welt steckt letztlich das Grundprinzip der genossenschaftlichen Plattformen. Etablierte Genossenschaften sind aber im Vorteil, weil sie bereits über aktive Kundenbeziehungen verfügen. Sie sind die erfolgreichsten Start-ups Österreichs!“ Die Steuerreform biete schrittweise Entlastung und gewährleiste zugleich auch über die Jahre hinweg ein positives Budgetsaldo, was wichtig für den Handlungsspielraum der Politik sei, so Löger, der besonders die positiven ökonomischen Folgeeffekte der Reform betonte: Der Minister rechnet mit einem um mehr als ein Prozent höheren Wirtschaftswachstum, einer um 0,4 Prozent niedrigeren Arbeitslosenquote und einem Anstieg der Investitionen um über vier Prozent. Steuerentlastung auch für Unternehmer Bei den geplanten Maßnahmen für Unternehmer verwies er nicht nur auf die Senkung der Körperschaftsteuer – eine Maßnahme zur Attraktivierung des Standortes – oder die steuerfreie Mitarbeiterbeteiligung, sondern auch auf die Tarifsenkung bei der Einkommensteuer, von der auch 500.000 Unternehmer in Österreich unmittelbar profitieren würden. Ein gutes Zeugnis für das Reformpaket gab es von berufener Stelle: Gottfried Haber, Professor an der Donau-Uni Krems und Präsident des Fiskalrats, erklärte in seiner Keynote: „Der Fiskalrat war immer ein strenger Mahner der Fiskalpolitik, aber diesmal fällt es uns schwer, Haare in der Suppe zu finden.“ Haber zeichnete ein durchaus positives Bild der Wirtschaftslage: Zwar sei der Zenit überschritten, die Wirtschaft wachse aber nach wie vor. „Ich warne vor der Wahrnehmung, dass sich die Konjunktur schlecht entwickelt. Wir haben beste Voraussetzungen für unternehmerische Aktivität“, so sein Fazit. Talkrunde: Was braucht der Mittelstand in der Praxis? Im Anschluss an ihre Keynotes stellten sich Finanzminister Löger und Professor Haber einer Diskussion mit Vertreterinnen aus der genossenschaftlichen Unternehmenspraxis: Monika Forster, Geschäftsführerin des Elektrofachhändlers Expert Oberklammer in Waidhofen an der Ybbs, und Judith Schrammel, Leiterin der Kommerzkundenberatung bei der Volksbank Wien. „Chancengleichheit im Konzert der Großen“ forderte dabei Expert-Fachhändlerin Forster. Sie sieht kleine regionale Händler im Nachteil gegenüber Online-Riesen wie Amazon, etwa wenn es um faire Besteuerung geht. Der Finanzminister sagte in dieser Frage seine volle Unterstützung zu. Am liebsten sei ihm eine große Lösung auf europäischer Ebene. Da diese aber nicht so schnell komme, setze man jetzt schon nationale Schritte. Löger verwies in diesem Zusammenhang auf die Regelung, wonach bei Lieferungen aus Drittländern künftig schon ab dem ersten Cent Umsatzsteuer zu entrichten sei. Auch Professor Haber plädierte für gleiche Spielregeln und stellte fest: „Beratung und Betreuung sind Werte, die derzeit nicht immer angemessen honoriert werden.“ Die Aufgabe der Banken wie auch der Politik sei es, den Unternehmen das Leben leichter zu machen, erklärte Volksbank-Expertin Schrammel. Sie sei täglich mit Unternehmern in Kontakt und wisse, wo der Schuh drückt, nicht zuletzt auch dank der aktuellen Volksbank-Unternehmerstudie. Die Expertin: „Ich habe großen Respekt vor Unternehmerpersönlichkeiten, die sich mit viel Einsatz in das Abenteuer Wirtschaft stürzen. Sie arbeiten dabei im Schnitt rund 60 Stunden pro Woche.“ Von der Politik forderte Schrammel Entlastungen durch Entbürokratisierung und Deregulierung. Das brennende Thema Fachkräftemangel brachte Forster mit einem Fallbeispiel aus dem eigenen Betrieb aufs Tapet. Zwei ihrer Lehrlinge würden gern in die Bresche springen und mehr leisten, dürften aber aufgrund der Zuverdienstgrenzen nur sehr beschränkt eingesetzt werden. Wirtschaftsforscher Haber hatte hier kein Patentrezept, er plädierte als langfristige Lösung für mehr Investitionen in Bildung und die Förderung regionaler Mobilität. Minister Löger will sich besonders für einen höheren Stellenwert der Lehre einsetzen. „Wir bieten Emotion und Begeisterung“ Gefragt, was die genossenschaftlich verbundenen KMUs des Landes nun besser machen als die digitalen Riesen, hatte Forster eine klare Antwort parat: „Wir bieten Emotion, Begeisterung, guten Service und kompetente persönliche Ansprechpartner. Allerdings darf die Preiskluft gegenüber den Handelsriesen nicht zu groß werden.“ Auf ganz ähnliche Stärken setzt auch Volksbank-Beraterin Schrammel: „Trotz Digitalisierung merke ich, dass den Kunden persönliche Nähe weiter wichtig ist. Die Kunden gut zu kennen und sie dadurch optimal begleiten zu können, ist unsere große Stärke.“ Finanzminister Löger zeigte sich zum Abschluss zuversichtlich, nicht zuletzt dank des beim Verbandstag Erlebten: „Es ist beeindruckend zu spüren, wie viel Energie und Überzeugung die beiden Damen aus der genossenschaftlichen Praxis an den Tag legen. Sich durch gemeinsames Handeln in bestimmten Bereichen gezielt zu stärken, damit nicht jeder alles allein erledigen muss, ist sicher ein Erfolgsrezept.“ Die Politik sorge für die richtigen Rahmenbedingungen, versprach er. Foto: feelimage/Felicitas Matern