Interview

Barbara Pogacar: "Mit guter Beratung punkten"

  • Im Oktober hat Barbara Pogacar offiziell die Nachfolge von Renate Hinteregger als Beraterin der Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften im ÖGV angetreten. Ein Gespräch über ihre ersten Wochen in dieser Schlüsselfunktion und ihre Pläne für die Zukunft.

    „cooperativ“: Sie sind neu in der Welt der Genossenschaften. Schildern Sie uns bitte Ihre ersten Eindrücke.

    Barbara Pogacar: Es stimmt schon, als Rechtsanwältin hatte ich erstaunlich wenig Berührungspunkte mit dem Genossenschaftswesen. Das liegt vermutlich auch daran, dass der ÖGV und die anderen Verbände praktisch das komplette Leistungsspektrum für ihre Mitglieder abdecken - von der Gründung bis zu rechtlichen Fragen im Alltag. Daher war ich zunächst überrascht von der Vielfalt, die Genossenschaften in Österreich zu bieten haben. Und: Je mehr ich mich mit der Thematik beschäftige, desto mehr erkenne ich die Vorzüge der Rechtsform.

    Wie sind Sie als „die Neue“ von den Ware-Mitgliedern aufgenommen worden?

    Sehr, sehr freundlich und herzlich. Manche haben mir sogar Blumen ins Büro gebracht! Damit hatte ich nicht gerechnet.

    Ihre Vorgängerin hinterlässt Ihnen große Fußstapfen. Macht das die Aufgabe schwieriger, oder hilft es vielleicht sogar?

    Beides trifft teilweise zu. Aber klar ist: Ich kann und will Frau Dr. Hinteregger nicht eins zu eins ersetzen. Jeder hat seinen eigenen Stil. Was rechtliche und betriebswirtschaftliche Belange betrifft, bin ich ja schon voll im Thema drin. Aber natürlich fehlt mir das Insiderwissen, wenn es um die Vorgeschichte und Hintergründe der einzelnen Genossenschaften geht. Das muss ich mir mit der Zeit aneignen. Das gilt auch für organisatorische Abläufe. Aber ich habe das Glück, dass mit Frau Fischer eine sehr erfahrene Mitarbeiterin an Bord ist, die mich dabei unterstützt.

    Was wollen Sie in Ihrer Abteilung verändern?

    Alles sofort auf den Kopf zu stellen, wäre sicher der falsche Weg. Ich möchte zuallererst die bewährte Arbeit, die unsere Mitglieder seit vielen Jahren gewohnt sind, konstant fortsetzen. Erst dann werde ich evaluieren, ob manches vielleicht anders besser funktioniert. Generell möchte ich viel publizieren. Eines meiner ersten Projekte war ein Newsletter zum Thema Recht, der regelmäßig über Aktuelles auf diesem Gebiet informiert. Ein Ziel ist es auch, das Thema Genossenschaft noch stärker nach außen zu tragen, etwa durch Publikationen in Fachzeitschriften.

    Wo sehen Sie die Perspektiven für die Genossenschaft?

    Genossenschaften haben viele Vorzüge, etwa gegenüber einer GmbH. Der Ein- und Ausstieg ist viel einfacher, die Rechtsform ist insgesamt flexibler. Bei GmbHs hatte ich als Anwältin oft mit Rechtsstreitigkeiten zu tun: Wenn ein Gesellschafter aussteigen wollte, gab es ewige Diskussionen um den Wert seiner Beteiligung. Man muss die Vorzüge der Genossenschaft nur verstärkt publik machen. Vielen potentiellen Gründern ist gar nicht bewusst, was Genossenschaften alles leisten können. Unternehmen können bestimmte Leistungen effizient bündeln und in anderen Bereichen dennoch eigenständig bleiben. Das ist eine unschlagbare Stärke!

    Wie optimistisch sind Sie im Hinblick auf Neugründungen?

    Ich hatte in den vergangenen Wochen bereits mehrere Erstgespräche mit Interessenten und bin sehr zuversichtlich. Allerdings: Jeden einfach schnell aufzunehmen, wäre der falsche Zugang. Ich möchte umfassend und ehrlich beraten. Wenn ein Geschäftsmodell vorgelegt wird, das mit einer Genossenschaft nicht funktionieren kann, dann sage ich das auch offen. Generell möchte ich am Markt, aber auch in der Öffentlichkeit mit erstklassiger Beratung punkten. Die ist ja seit jeher ein Markenzeichen des ÖGV.

    Bald ist Weihnachten: Was wünschen Sie sich von Ihren Mitgliedern?

    Dass sie sich ehrlich gemeinte Ratschläge zu Herzen nehmen und auch befolgen.

    Zur Person
    Barbara Pogacar (40) ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Mit ihrer Familie lebt sie in Stetten (NÖ). Sie hat an der Uni Wien Rechtswissenschaften sowie an der WU Wien Handelswissenschaften - mit Schwerpunkt Unternehmensrechnung und Revision - studiert. Danach war sie in mehreren renommierten Kanzleien tätig - seit 2005 als Rechtsanwältin. Ihre Arbeitsschwerpunkte waren dabei Gesellschaftsrecht, Wirtschaftsrecht, Handelsrecht, Insolvenzrecht und allgemeines Zivilrecht. Auf diesen Rechtsgebieten hat sie als Autorin und Herausgeberin auch zahlreiche Publikationen veröffentlicht.