Wirtschaft 2017

Brexit und Trump als Fragezeichen

  • Österreichs Wirtschaft soll im kommenden Jahr laut Prognose um 1,5 Prozent wachsen. Vor allem die Investitionen der Unternehmen dürften sich positiv entwickeln. Aber es gibt auch Unsicherheiten: Wahlentscheidungen in Europa, den Brexit und die Präsidentschaft Donald Trumps.

    Laut Wifo-Schätzung konnte das österreichische Bruttoinlandsprodukt 2016 mit 1,7 Prozent deutlich stärker zulegen als in den Jahren davor. Damit wurde der Wachstumsrückstand gegenüber dem Durchschnitt der Eurozone und zu Deutschland aufgeholt. Einen wesentlichen Beitrag dazu lieferte der private Konsum. Die Steuerreform sowie das aufgrund der Flüchtlingssituation beschleunigte Bevölkerungswachstum sorgten hier für einen Anstieg um 1,5 Prozent. Außergewöhnlich positiv entwickelten sich 2016 gemäß Wifo-Schätzung mit einer Wachstumsrate von 3,4 Prozent auch die Bruttoanlageinvestitionen.

    2017 Jahr der KMUs?

    Für 2017 wird mit einem BIP-Wachstum von 1,5 Prozent gerechnet. Laut Prognose soll der größte Wachstumsbeitrag von den Investitionen kommen. Unterstützend dürfte hier die staatliche Investitionszuwachsprämie für KMUs wirken: Dabei werden rund 10.000 kleine und mittlere Unternehmen mit insgesamt 175 Millionen Euro gefördert. Auch ein geplantes kommunales Investitionsprogramm zur Modernisierung der Infrastruktur sollte das Investitionswachstum unterstützen.

    Die Inflation soll wieder auf 1,7 Prozent ansteigen. Zurückführen lässt sich der Anstieg hauptsächlich auf den Rohölpreis, der 2017 annahmegemäß weiter zulegen dürfte. Wie schon 2016 wird auch 2017 ein weiterer Anstieg der Beschäftigung erwartet, der jedoch nach wie vor nicht ausreicht, um die Arbeitslosigkeit zu senken. Der Anstieg der Arbeitslosenrate sollte sich jedoch merkbar verlangsamen.

    Unterstützend für die heimische Wirtschaft dürfte sich der schwache Euro auswirken. Auch die weiterhin niedrige Zinslandschaft sowie günstige Rohstoffpreise sollten tendenziell wachstumsfördernden Einfluss haben. Die Kreditvergabe – sowohl an Unternehmen, als auch an private Haushalte - konnte in der Eurozone seit Jahresmitte um knapp zwei Prozent zulegen. In Österreich ist die Kreditvergabe in der Krise nicht so stark gefallen, nach der Krise daher aber auch nicht wieder so stark gestiegen. Die Verschuldung der privaten Haushalte ist eher gering.

    Umbruch am Strommarkt?

    Belastend könnte in Österreich allerdings bereits 2017 das Ende des gemeinsamen Strommarktes mit Deutschland wirken: Wegen Netzengpässen soll es ab Mitte 2018 aufgrund des Drängens Deutschlands und Polens keinen gemeinsamen Markt mehr für Österreich und Deutschland geben.

    Die österreichische Regulierungsbehörde E-Control und der Betreiber des Hochspannungsnetzes APG haben bereits Beschwerde und Klagen eingebracht. Wie sehr diese Ankündigung aber unmittelbar auf die österreichische Wirtschaft wirkt, zeigt die damit in Zusammenhang stehende Unsicherheit bezüglich einer möglichen Investition in Höhe von 300 Millionen Euro der voestalpine in ein Edelstahlwerk in Kapfenberg.

    Wahlen vor der Tür

    Abgesehen davon könnte bereits 2017 ein neuer Nationalrat gewählt werden. Der turnusmäßige Termin wäre zwar erst 2018, doch das würde mit der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs zusammenfallen. Der (Vor-)Wahlkampf würde zwar die Regierungsarbeit belasten, die ökonomischen Auswirkungen sollten aber eher gering sein. Ein Wahlsieg einer populistischen, EU-kritischen Partei könnte jedoch für Verunsicherung in der Wirtschaft und somit auch zu konjunkturellen Einbußen führen.

    Überhaupt finden in Europa im kommenden Jahr mehrere äußerst relevante Wahlen statt, welche die politische Landschaft gehörig verändern könnten. Im Frühjahr wählen die Niederlande und Frankreich, im Herbst schreitet Deutschland zur Urne. Obwohl es für Prognosen noch zu früh ist, könnten in allen Ländern populistische, europaskeptische Parteien stark zugewinnen und das politische Klima entsprechend verändern.

    Wohin steuert die EU?

    Die Kohärenz in der EU könnte erheblich geschwächt werden, und separatistische Tendenzen würden wohl zunehmen. Zudem könnte die entstehende Unsicherheit über die Zukunft Europas zu Investitions- und Konsumzurückhaltung führen, was die konjunkturelle Entwicklung schwächen würde. Notwendige Reformen und Weiterentwicklungen würden noch schwerer umzusetzen sein, nationalistische Interessen stärker im Vordergrund stehen.

    Die wachsende Rolle politischer Risiken für den Wirtschaftsausblick tritt spätestens seit der Euro-Staatsschuldenkrise zusehends zu Tage. Auch das Jahr 2016 wird wohl hauptsächlich durch zwei Urnengänge in Erinnerung bleiben, deren Ausgang so nicht erwartet worden war. Die Auswirkungen sind insbesondere für Österreich noch nicht exakt abschätzbar.

    Der Brexit-Schock

    Im Juni stimmten die Briten überraschend für den EU-Austritt. Doch wie groß sind die ökonomischen Auswirkungen auf die EU und auf Österreich? Das Vereinigte Königreich ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU. Entsprechend bedeutend ist es als Exportdestination und Herkunftsland für Importe für die restlichen Mitglieder. Längerfristig liegen echte Handelshemmnisse im Bereich des Möglichen. Außerdem besteht eine enge Verflechtung der europäischen Banken und Versicherungen mit London, was – gemeinsam mit Währungsturbulenzen – europäische Bankbilanzen belasten könnte. Wichtig ist auch, dass Großbritannien trotz des „Britenrabatts“ der drittgrößte Nettozahler in der Union ist. Zum potenziellen Nutzen des Brexit könnte die Verlagerung von Firmensitzen und Produktionsstätten in die Eurozone zählen. Auch die Tatsache, dass die EU ohne ihr größtes Nicht-Euro-Land homogener ist und das Gewicht der Eurozone zunimmt, könnte die zunächst entstandenen ökonomischen Kosten teilweise aufwiegen.

    Insgesamt gehen die meisten Studien jedoch langfristig von einem eher geringen Effekt auf die Wirtschaft der verbleibenden EU aus. Für Österreich dürften die Auswirkungen auch nicht viel größer ausfallen. Drei Prozent der Exporte gehen nach Großbritannien, wobei es sich vor allem um Maschinen und Produkte der Autozulieferindustrie handelt. Allerdings berücksichtigt der Wert nicht jene Waren, die von anderen Ländern nach Großbritannien geliefert werden und österreichische Vorleistungen und Wertschöpfung enthalten. Für das BIP dürfte der negative Effekt für Österreich 2017 unter 0,1 Prozentpunkten liegen. Wirklich große Auswirkungen hätte der Brexit nur dann, wenn er die europäische Zusammenarbeit insgesamt in Frage stellt.

    Der Trump-Effekt

    Die zweite Überraschung brachte am 8. November die US-Präsidentschaftswahl, die – entgegen fast allen Umfragen – der republikanische Kandidat Donald Trump gewann. Die direkten Auswirkungen auf Österreich dürften auch in diesem Fall eher gering sein, obwohl noch nicht abzuschätzen ist, welche protektionistischen Maßnahmen Trump tatsächlich umsetzt. Knapp sieben Prozent der österreichischen Exporte gehen in die USA. Damit sind die USA der größte Exportpartner außerhalb der EU.

    Während Unsicherheit prinzipiell nicht förderlich für die konjunkturelle Entwicklung ist, dürfte das in den USA – zumindest kurzfristig – nicht zutreffen. Im Gegenteil: Die von Trump angekündigten – voraussichtlich schuldenfinanzierten – Maßnahmen sollten die US-Konjunktur zunächst unterstützen. Wegen der höheren Verschuldung dürfte sich die Zinswende am internationalen Kapitalmarkt beschleunigen, was auch europäische Investitionen mittelfristig wieder verteuert, gleichzeitig profitiert die europäische Exportwirtschaft vorerst vom aufgewerteten US-Dollar. Die längerfristigen Auswirkungen lassen sich schwer abschätzen. Klar scheint jedoch, dass das geplante Freihandelsabkommen TTIP, von dem Österreich als kleine Exportnation profitiert hätte, in nächster Zeit nicht kommen wird.

    Bernhard Trunner