IGA-Tagung

Europäische Einlagensicherung: "Ein regulatorischer Raubüberfall"

  • Soll der Schutz von Spareinlagen in der Eurozone in Zukunft durch eine einheitliche europäische Einlagensicherung erfolgen, wie dies die EU-Kommission plant? Diese Frage wird derzeit nicht nur im EU-Parlament heftig diskutiert, auch die diesjährige IGA-Tagung in Südtirol zeigte, dass man sich noch lange nicht einig ist.

    Zu der Veranstaltung in Meran hatte das Internationale Institut für Genossenschaftsforschung im Alpenraum (IGA) geladen. Vertreter aus Deutschland, der Schweiz, Italien und Österreich präsentierten zunächst den aktuellen Sparerschutz in den jeweiligen Ländern. Danach wurde über das heftig umstrittene Vorhaben der EU-Kommission diskutiert.

    Die Kommission möchte die derzeitigen nationalen Systeme der Einlagensicherung bis 2024 schrittweise auf europäische Ebene heben. Diese dritte Säule der Bankenunion trage schon allein durch die Größe des gemeinsamen Sicherungsfonds zu mehr Krisenfestigkeit bei, warb Kommissionsvertreter Andreas Schneider bei der Tagung für das Vorhaben.

    Europaweiter Schutz gegen Krisen

    Zudem bringe die europäische Einlagensicherung (EDIS) einheitliche Standards für alle Bürger der Eurozone. Wie schon jetzt werden Einlagen bis 100.000 Euro gesichert, die Auszahlung der Summe soll im Falle des Falles einheitlich binnen sieben Tagen erfolgen. Um den neuen europaweiten Schutz zu gewährleisten, sollen die nationalen Einlagensicherungsfonds – sie werden derzeit gerade erst dotiert und umfassen im Endausbau 0,8 Prozent der gesicherten Einlagen – in drei Phasen nach Brüssel übertragen werden, zunächst als Rückversicherung, dann als Mitversicherung und schließlich als Vollversicherung.

    Bei der Berechnung der Beiträge wolle man risikoorientiert vorgehen, versprach Schneider. Wie genau das passieren solle, sei allerdings noch offen, räumte der Kommissionsvertreter ein. Klar sei aber: Der Umstand, dass etwa bestehende Haftungsverbünde das Risiko bei Banken senken, müsse berücksichtigt werden.

    Der Kommissionsexperte wollte auch nicht verhehlen, dass zum Thema EDIS unter den Mitgliedstaaten noch keine Einigkeit herrsche. Während nördliche Länder – Schneider nannte hier neben Deutschland, Frankreich und den Niederlanden auch Österreich – dem Vorhaben reserviert gegenüberstünden, trete man in Spanien, Italien, Griechenland oder Zypern für eine möglichst rasche Umsetzung ein.

    Gefahr der Transferunion

    Theresia Theurl, Professorin für Volkswirtschaft an der Universität Münster, konnte dem Vorhaben in ihrem Referat wenig abgewinnen. Sie bezeichnete EDIS als „regulatorischen Raubüberfall auf die Banken“ und malte das Schreckgespenst einer Transferunion an die Wand. Die Voraussetzungen für die Vergemeinschaftung der Sicherungssysteme seien derzeit einfach nicht gegeben, argumentierte sie.

    Es gebe noch Altlasten in den Bilanzen vieler Banken und zudem unterschiedliche Risiken in den einzelnen Ländern, die nicht durch eine einheitliche Prämie abzudecken seien. Bewährte nationale Systeme und würden im Kommissionsvorschlag zudem nicht ausreichend berücksichtigt. Und: Für echte Krisen sei auch der europäische Fonds mit seinen geplanten 45 Milliarden Euro zu gering dotiert.

    Sie plädiert stattdessen für eine verpflichtende europäische Rückversicherung, bei der im Krisenfall zuerst die bestehenden nationalen Einlagensicherungssysteme in die Verantwortung genommen werden.

    „Einlagensicherung light“ als Kompromiss?

    In diese Richtung zielt übrigens auch ein Kompromissvorschlag der niederländischen Europaabgeordneten Esther de Lange. Sie hat jüngst eine „Light-Version“ von EDIS in die Debatte geworfen. Darin schlägt sie vor, nur einen Teil der Gelder in den europäischen Topf einzuzahlen. Und auch dieser Schritt soll an eine Reihe von Bedingungen – etwas den Aufbau ausreichender Risikopuffer im Bankensystem - geknüpft sein.

    Skepsis herrschte bei der Tagung auch bei den Bankenvertretern auf dem Podium. Sie traten für mehr Subsidiarität unter Berücksichtigung regionaler Banken mit ihrem risikoarmen Geschäftsmodell ein. Dieses sei immer noch der beste Schutz der Kundengelder, meinte auch Andreas Gmünder, Forscher an der Universität Luzern.

    Und Claus Königs, Interessenvertreter beim Genossenschaftsverband Bayern, betonte: „Die freiwilligen Institutssicherungssysteme von Genossenschaftsbanken wirken präventiv und sorgen dafür, dass der Entschädigungsfall erst gar nicht eintritt.“